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Ukraine-Konflikt Berlin will osteuropäische Nato-Staaten militärisch unterstützen

Die Länder an den Nato-Ostgrenzen könnten von der Bundesregierung bald militärisch unterstützt werden. Nach SPIEGEL-Informationen will das Verteidigungsministerium bis zu sechs Maschinen der Bundeswehr zusätzlich ins Baltikum entsenden. Auch ein Nato-Marineverband soll verstärkt werden.
Aufklärungsflugzeug der Nato (Archivbild): "Ohne Wenn und Aber solidarisch"

Aufklärungsflugzeug der Nato (Archivbild): "Ohne Wenn und Aber solidarisch"

Foto: Oliver Berg/ dpa

Hamburg - Nach längeren internen Debatten hat sich die Bundesregierung nach Informationen des SPIEGEL bereiterklärt, die osteuropäischen Mitgliedstaaten der Nato militärisch zu unterstützen. Deutschland werde sich, wo immer es sinnvoll sei, an verstärkten Routineoperationen im Bündnisgebiet beteiligen, heißt es aus dem Umfeld von Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

"Es kommt jetzt auf zweierlei an: In dieser außerordentlich schwierigen Lage gerade in der Nato mit kühlem Kopf zu handeln und uns in keine Spirale der militärischen Eskalation drängen zu lassen", so Minister Steinmeier zum SPIEGEL. "Gleichzeitig wissen unsere Partner, dass wir ohne Wenn und Aber zur Solidarität im Bündnis stehen, und das nicht nur bei gutem Wetter."

Das Verteidigungsministerium ist demnach bereit, bis zu sechs Bundeswehrmaschinen für eine verstärkte Luftraumüberwachung ("air policing") im Baltikum zur Verfügung zu stellen. Die Zahl der dort verfügbaren Nato-Maschinen soll mindestens verdoppelt werden. Zudem sieht sich das Verteidigungsministerium in der Lage, das fehlende Führungsschiff für einen Nato-Marineverband zu stellen, das zu einem Ostsee-Manöver auslaufen soll.

Ausschlaggebend für diesen Beschluss, der beim Nato-Außenministertreffen am kommenden Dienstag fallen soll, war nach SPIEGEL-Informationen ein Schwenk der USA, die zunächst gezögert hatten.

Die Koalition hatte vergangene Woche über Äußerungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gestritten. Diese hatte im SPIEGEL gesagt, die Nato müsse angesichts der Krise auf der Krim an den Außengrenzen mehr Präsenz zeigen. Sie war vom Koalitionspartner heftig kritisiert worden.

"Eine historische Zäsur"

Die baltischen Staaten verfügen über keine ausreichend einsatzfähige Luftwaffe, daher wird der Luftraum rotierend von anderen Nato-Staaten überwacht. Die Einsätze in Estland, Lettland und Litauen sind bereits verstärkt worden.

Auch andere ehemalige Ostblockstaaten äußern Ängste vor russischer Aggression. Die Nato sorgt sich aktuell vor allem um die Republik Moldau. Nato-Oberkommandeur Philip Breedlove zufolge könnte das russische Militär bis in die moldauische Separatistenregion Transnistrien vorstoßen. Die an der Grenze zur Ukraine gelegene Region hatte sich von Moldau losgesagt und wird von Moskau politisch und wirtschaftlich unterstützt.

Das deutsche Außenministerium sieht nach SPIEGEL-Informationen nun den Beginn einer grundlegenden strategischen Debatte über die Konsequenzen für die Nato aus dem neuen Konflikt mit Russland. "Viele Alliierte bewerten das russische Vorgehen als historische Zäsur und Zeitenwende für die euro-atlantische Sicherheitsarchitektur", schrieb der deutsche Nato-Botschafter Martin Erdmann vergangene Woche in einem vertraulichen Bericht an das Außenministerium und fügte hinzu: "In besonderer Weise wird auf uns geschaut."

Zugleich stelle sich im Bündnis die Frage: "Wie verhalten sich die Deutschen in dieser aus Sicht der osteuropäischen Hauptstädte existentiellen Krise?" Die Antwort, so der Botschafter, werde "fühlbare Auswirkungen" auf die "deutsche Führungsrolle" in bestimmten Bereichen des Bündnisses haben.

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